Liebe Mandantinnen, liebe Mandanten,
liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melden wir uns mit unserem dritten Newsletter. Wir hoffen, Ihnen in Sachen Arbeitsrecht, Erbrecht und Energiekrise / Nebenkostenabrechnung verwertbare Informationen mit diesem Newsletter geben zu können. Trotz schwieriger Zeiten, oder gerade deshalb, wünschen wir Ihnen einen schönen Herbst; lassen Sie sich nicht durch das Weltgeschehen irritieren. Die Dinge werden auch wieder besser.
I.
Arbeitsrecht
1. Gebot des fairen Verhandelns
Das Gebot des fairen Verhandelns im Arbeitsrecht hat sich lediglich einige Zeit in der rechtlichen Diskussion halten können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Erfinder dieser Idee, hat kürzlich entschieden, dass der Arbeitnehmer nicht vor Druck des Arbeitgebers bei Verhandlungen über die Aufhebung des Arbeitsvertrages geschützt ist. Das Gericht sah den Grundsatz des fairen Verhandelns nicht verletzt, selbst wenn der Arbeitgeber über seinen Anwalt bei einer Besprechung die sofortige Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages verlangt.
Auch die Drohung, dass bei Weigerung des Arbeitnehmers die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebracht werde, führt nicht dazu, dass eine Aufhebungsvereinbarung unwirksam ist. Der Arbeitgeber hatte die Bitte der beschuldigten Arbeitnehmerin, vorher Rechtsrat einzuholen, nicht entsprochen. Sein Anwalt erklärte, wenn Sie, die Arbeitnehmerin jetzt durch die Tür gehe, ohne die Vereinbarung zu unterzeichnen -selbst wenn sie nur die Toilette aufsuche- sei der Aufhebungsvertrag passe; es werde dann fristlos gekündigt.
Das Gebot des fairen Verhandelns ist also zum „Papier-Tiger“ geworden. Dem Arbeitnehmer ist der Rat zu geben, nicht vorschnell unter Druck einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen.
2. Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 13.09.2022 entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitszeit aufzuzeichnen. Nach bisheriger Rechtslage gibt es in Deutschland nur eine eingeschränkte Pflicht des Arbeitgebers zur Zeiterfassung im Arbeitsverhältnis. Er ist nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verpflichtet, die werktägliche Arbeitszeit aufzuzeichnen, wenn sie über acht Stunden hinausgeht. Das gleiche gilt für die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen.
Das BAG erweitert den Bereich für die Aufzeichnung der Arbeitszeit. Es legt § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) europakonform aus. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Jahr 2019 entschieden, dass eine generelle Pflicht des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der Arbeitszeit bestünde. Allerdings hatte der deutsche Gesetzgeber dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bisher nicht umgesetzt.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes schreibt nicht eine elektronische Zeiterfassung vor. Es kann somit auch per Stempelkarte vorgegangen werden, was allerdings sehr antiquiert ist. Nach dem Urteil verbleibt aber den Parteien des Arbeitsverhältnisses ein Gestattungsspielraum. Weder das Urteil des EuGH noch das des BAG schließen nach derzeitigen Pressemitteilungen die Vertrauensarbeitszeit nicht aus. Dies bedeutet, dass es nicht von vorneherein unzulässig ist, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegende Aufzeichnungspflicht per Weisungsrecht an den Arbeitnehmer delegiert und lediglich regelmäßig diesen Aufzeichnungen des Arbeitnehmers kontrolliert.
Welche Rechtsfolgen sich aus dem Verstoß gegen die Aufzeichnungspflicht ergeben, ist unklar. Unstreitig ist, dass der Arbeitnehmer zunächst einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erfüllung der Aufzeichnungspflicht hat. Erfüllt der Arbeitgeber diese Schutzpflicht nicht, so könnte sich ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung gem. § 273 Abs. 1 BGB ergeben (vgl. BAG Urteil vom 13.09.2022, 1 ABR 22/21).
3. Überstunden
Thema zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages ist immer wieder die Frage, wie mit Überstunden umzugehen sei. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erst kürzlich durch eine Entscheidung seine bisherige Linie bei der Überstundenvergütung bestätigt. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Errichtung eines Systems zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit hat nicht zu einer Änderung geführt.
Nach wie vor muss der Arbeitgeber nur dann eine Vergütung für die Normalarbeitszeit übersteigende Arbeitsleistung zahlen, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zuzurechnen sind. Der Arbeitnehmer muss im Einzelnen in einem Prozess über die Überstundenvergütung darlegen und beweisen, von wann bis wann er gearbeitet hat und vortragen, wann er Pausen gemacht hat. Dies bedeutet: Überstunden können nur vergütet werden, wenn der Arbeitgeber sie im Rahmen des Weisungsrechtes anordnet oder dem Arbeitnehmer eine bestimmte Arbeitsmenge zugewiesen hat, die nur mit Überstunden zu bewältigen ist. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeit zu vergüten ist, gibt es nicht. (vgl. BAG Urteil vom 04.05.2022, 5 AZR 359/21).
II.
Erbrecht
1. Auskunftsansprüche des Alleinerben gegenüber Dritten
Häufig kommt es vor, dass der Alleinerbe keine Kenntnis über den Umfang des Nachlasses hat. Er ist daher gehalten, Auskunft von Dritten zu erhalten, die nicht unbedingt zu dem familiären, persönlichen Umfeld des Alleinerben gehören. Der Alleinerbe hat folgende Auskunftsansprüche
- Auskunftsansprüche gegenüber Banken
Der Alleinerbe kann gegenüber Banken dieselben Auskunftsrechte geltend machen, wie der verstorbene Erblasser. Die Bank schuldet folgende Auskünfte:
- über den Kontostand zum Todestag,
- über fortgeltende Daueraufträge und Lastschriften,
- ob ein Wertpapierdepot vorhanden ist,
- ob ein Bankschließfach vorliegt,
- ob es Vollmachten zugunsten Dritter gibt.
Die Aufbewahrungsfristen betragen in der Regel für Banken sechs Jahre, sie sind jedoch regelmäßig in der Lage, für zehn Jahre die Unterlagen wiederherzustellen. Allerdings muss der Alleinerbe davon ausgehen, dass er eine Vergütung an die Bank zu zahlen hat.
Es gibt für den Erben den Auskunftsanspruch aus § 666 BGB, falls der Erblasser/die Erblasserin einen Beauftragten hatte, der für sie/ihn Rechtsgeschäfte erledigte. Infrage kommen hier z.B. Notare, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, aber auch persönliche Bekannte des Erblassers/der Erblasserin.
Diese Dritten haben folgendes zu erklären:
- Auskunft über alle Rechtsgeschäfte, die sie abgeschlossen haben,
- Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben unter Beifügung von Belegen,
Auskunftsansprüche ergeben sich auch aus § 12 Grundbuchordnung (GBO). Der Alleinerbe hat ein berechtigtes Interesse aufgrund seiner Erbenstellung, Grundbuchauszüge über alle Liegenschaften des Verstorbenen zu erhalten. Er kann darüber hinaus außerdem Einsicht in die Grundakten der Grundstücke verlangen. Dadurch ist dem Erben die Möglichkeit gegeben, zu Lebzeiten des Verstorbenen durchgeführte Grundstücksverfügungen zu ermitteln, ohne dass er auf die Mithilfe des Begünstigen angewiesen ist.
Außerdem kann der Alleinerbe nach § 13 FamFG Akteneinsichtsrecht in Nachlassakten, Betreuungsakten und Akten des Familiengerichts verlangen. Es können sich insbesondere bei der Betreuungsakte wichtige Anhaltspunkte über den Nachlass ergeben. Der ehemalige Betreuer ist verpflichtet, bei Tod des Betreuten ein Abschlussverzeichnis anzufertigen.
Wenn ein Erbscheinverfahren eingeleitet werden soll, stehen dem Erben auch Auskunftsrechte nach dem Personenstandsgesetz gegenüber dem Standesamt zu. Der Erbe kann auch in das Handels- und Unternehmensregister Einsicht nehmen und Registerauszüge verlangen.
III.
Energiekrise und Nebenkostenabrechnungen
Aufgrund der derzeitigen Energiekrise ist mit u.a. erhöhten Gaspreisen für den Winter 2022/2023 zu rechnen. Wohnungsvermieter sollten insoweit rasch -jedenfalls bis zum 31.12.2022- um keine Präklusion für Nachforderungen zu verursachen, die jeweiligen Betriebskostenabrechnungen betreffend das Abrechnungsjahr 2021 erstellen lassen, um ggf. auch die Vorauszahlungen gegenüber den Mietern für die Zukunft anpassen zu können. Bei Mietern von Gewerbe-Geschäftsräumen kann der Vermieter möglicherweise bereits auf Basis einer vertraglichen Bestimmung berechtigt sein, die Vorauszahlung unterjährig angemessen zu erhöhen. Melden Sie sich gern, wenn hierzu Fragen bestehen. In der Regel nehmen Vermieter insoweit eine Vorfinanzierungsfunktion ein und strecken somit die Kosten vor.
IV.
Allgemeines
1. Verjährung zum 31.12.2022
Achtung: Mit Ablauf des 31.12.2022 könnte die Verjährung Ihrer Ansprüche eintreten, sofern Sie nicht aktiv werden und sogenannte verjährungshemmende Maßnahmen einleiten. Im Zivilrecht führt der Ablauf der Verjährungsfrist dazu, dass dem Schuldner von Gesetzes wegen ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht und -sofern der Schuldner hiervon Gebrauch macht- der Gläubiger seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen kann.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den Umständen erlangt hat, die den Anspruch begründen. Dieser regelmäßigen Verjährungsfrist können u. a. Mietansprüche des Vermieters gegenüber seinen Mietern unterliegen, Zahlungsansprüche aus Kaufverträgen oder Schadensersatzansprüche. Zu beachten ist jedoch, dass es gesetzliche und vertragliche Ausnahmen von der regelmäßigen Verjährungsfrist geben kann. Wir prüfen gern, ob bei Ihren Ansprüchen die Verjährung drohen könnte zum 31.12.2022.
Verjährungshemmende Maßnahmen können u. a. die Erhebung einer Klage und deren Rechtshängigkeit (Zustellung beim Beklagten) oder die Einleitung eines Mahnverfahrens sein. Wir regen an, dass Sie rechtzeitig vor dem 31.12.2022 aktiv werden, weil nicht absehbar ist, inwieweit die jeweils zuständigen Gerichte besetzt bzw. geöffnet sein werden. Sprechen Sie uns insoweit gern an.
Hinweise und Haftungsausschluss:
Dieser Newsletter beinhaltet keinen Rechtsrat und kann daher keine rechtliche Beratung im konkreten Einzelfall ersetzen. Der Inhalt dieses Newsletters ist ohne vorherige individuelle Beratung nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Es wird daher eine Haftung im Einzelfall nicht übernommen.
Falls Sie am Weiterbezug dieses Newsletters nicht mehr interessiert sein sollten, können Sie jederzeit eine E-Mail an ihren Ansprechpartner bei Mook Rechtsanwälte oder an die Absenderadresse des jeweiligen Newsletter-Versenders schicken. In diesem Fall werden Sie umgehend aus den Verteilerlisten herausgenommen.
Mit freundlichem Gruß