Liebe Mandantinnen, liebe Mandanten,
liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
wir wünschen Ihnen zunächst ein frohes neues Jahr und hoffen, dass Sie mit Optimismus dieses Jahr 2022 angehen können. Wir möchten Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) im Arbeitsrecht aus dem vergangenen Jahr darstellen.
I.
Arbeitsrecht
1. Homeoffice
Es besteht seit dem 24.11.2021 wieder die Homeoffice-Angebotspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat zwar keinen uneingeschränkt durchsetzbaren Anspruch auf Homeoffice, der Arbeitgeber/die Arbeitnehmerin muss allerdings erhebliche betriebliche Belange geltend machen, wenn er dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin Homeoffice verweigern will. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat eine grundsätzliche Annahmepflicht, wenn der Arbeitgeber ihm Homeoffice anbietet.
2. Arbeitsvertrag und Corona-Rechtsprechung
2.1.
Mit Urteil vom 13.10.2021 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) einen Annahmeverzugs-Lohnanspruch des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin während einer behördlichen Schließung verneint. Im Arbeitsrecht gibt es die Lehre des Betriebsrisikos, nach der der Arbeitgeber grundsätzlich das Risiko von Störungen im betrieblichen Ablauf trägt.
Der Arbeitgeber trägt nicht mehr das Betriebsrisiko, wenn zum Schutz der Bevölkerung vor schweren Krankheitsverläufen in Folge von Corona-Infektionen die Behörden anordnen, dass der Betrieb zu schließen ist. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin kann in diesem Fall kein Gehalt verlangen.
2.2.
Ferner gibt es bereits Urteile dazu, ob der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin angehalten werden kann, während der Arbeitszeit ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das Arbeitsgericht Siegburg und das Arbeitsgericht Köln haben festgestellt, dass die Anordnung einer Maskenpflicht regelmäßig durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt sei. Das arbeitgeberseitige Interesse an dem gesundheitlichen Schutz der anderen Mitarbeiter und Besucher überwiege das Interesse eines einzelnen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin an einer Beschäftigung ohne Mund-Nasen-Bedeckung. Dies gilt auch dann, wenn ein Arzt bestätigt hat, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht Maske tragen könne.
3. Bereitstellung von Betriebsmitteln
Das Arbeitsgericht Hessen hat in einer praxisnahen Entscheidung entschieden, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin einen selbständigen einklagbaren Anspruch auf Bereitstellung von Arbeitsmitteln hat. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin, der/die mit dem Fahrrad Speisen und Getränke auslieferte, beanspruchte von seinem/ihrem Arbeitgeber für die Ausübung seiner/ihrer Tätigkeit ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes internetfähiges Mobiltelefon. Jedenfalls könne im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin auf Nutzung des eigenen Fahrrades und des Mobiltelefons nicht ausschließen.
4. Außerordentliche Kündigung
Das Bundesarbeitsgericht hat erneut bestätigt, dass der eigenmächtige Antritt eines vom Arbeitgeber nicht gewähren Urlaubs des Arbeitnehmes/der Arbeitnehmerin an sich geeignet ist, aus wichtigem Grund die außerordentliche fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht.
5. Arbeitszeugnis
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein qualifiziertes Arbeitszeugnis eine individuelle angepasste Leistungs- und Verhaltensbeurteilung beinhalten muss. Deshalb ist ein Zeugnis, das an eine tabellarische Darstellungsform anlehnt, nicht ausreichend.
6. Überstundenvergütung
Das Arbeitsgericht Emden hat wiederholt entschieden, dass nicht mehr der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nachzuweisen hat, ob die Überstunden tatsächlich angefallen sind, sondern der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, ein objektives, zuverlässiges System zur Erfassung der Arbeitszeit bereitzustellen, mit dem er die vom Arbeitnehmer/ Arbeitnehmerin täglich geleistete Arbeitszeit feststellen kann. Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Emden ist allerdings nicht rechtskräftig.
7. Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG NZA 1/2022, S. 39) hat sich in seiner Entscheidung vom 08.09.2021 damit beschäftigt, welchen Beweiswert eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat.
Grundsätzlich wird der Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 EntgFG geführt. Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründet jedoch keine gesetzliche Vermutung einer tatsächlich bestehenden Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 290 ZPO mit der Folge, dass nur der Beweis des Gegenteils zulässig wäre.
Diese Formulierung des Bundesarbeitsgerichtes eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „aus den Angeln“ zu heben. Der Arbeitgeber muss Indizien vortragen, die dazu führen, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert wird. Das Gericht billigt dem Arbeitgeber dabei zu, dass er in aller Regel keine Kenntnis von den Krankheitsursachen hat und auch nur im eingeschränkten Umfang Indizien vortragen kann. Gelingt es aber dem Arbeitgeber, den Beweiswert des „gelben Zettels“ zu erschüttern, ist es Sache des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin konkret darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen, dass bei ihm/ihr eine konkrete Krankheit vorgelegen hat, die zu gesundheitlichen Einschränkungen geführt hat, so dass er nicht arbeitsfähig ist. Dabei muss der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin darlegen und beweisen, welche Verhaltensmaßnahmen oder Medikamente der Arzt ihm verordnet hat.
Im entschiedenen Fall war für das Gericht ausschlaggebend, dass sich der Zeitraum der angeblichen Arbeitsunfähigkeit passgenau mit der nach der Kündigung von der Arbeitnehmerin verbleibenden Dauer des Arbeitsverhältnisses deckte.
Hinweise und Haftungsausschluss:
Dieser Newsletter beinhaltet keinen Rechtsrat und kann daher keine rechtliche Beratung im konkreten Einzelfall ersetzen. Der Inhalt dieses Newsletters ist ohne vorherige individuelle Beratung nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Es wird daher eine Haftung im Einzelfall nicht übernommen.
Falls Sie am Weiterbezug dieses Newsletters nicht mehr interessiert sein sollten, können Sie jederzeit eine E-Mail an ihren Ansprechpartner bei Mook Rechtsanwälte oder an die Absenderadresse des jeweiligen Newsletter-Versenders schicken. In diesem Fall werden Sie umgehend aus den Verteilerlisten herausgenommen.
Mit freundlichem Gruß