Liebe Mandantinnen,
liebe Mandanten,
liebe Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,
hier kommt unser nächster Newsletter. Wir wünschen Ihnen neue Erkenntnisse bei der Lektüre unseres Newsletters. Wir hoffen, dass Sie in der beginnenden Urlaubszeit gutes Wetter haben und sich von den Hürden des Alltages erholen können.
Nachstehend haben wir im Arbeitsrecht zwei wichtige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum Kündigungsrecht dargestellt. Das eine Urteil beschäftigt sich mit Beleidigungen in Chat-Gruppen, das andere Urteil bezieht sich auf einen Sachverhalt, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses öfter vorkommt.
Wir haben zudem das Thema Insolvenzen angesprochen. Die Insolvenzen in Deutschland steigen. Gläubiger und Arbeitgeber müssen um ihre Existenz bangen. Gern helfen wir Ihnen aufgrund unserer langjährigen Kompetenz auf dem Gebiet der Insolvenzen.
Auch das Immobilienrecht soll nicht vergessen werden. Wir weisen auf die Schlüsselfalle hin.
I.
Arbeitsrecht
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 24.06.2023 / Kündigung bei Beleidigung in Chat-Gruppen
Der gekündigte Arbeitnehmer war Mitglied einer Chat-Gruppe. Die Chat-Gruppe bestand aus sieben Kollegen und zwei Familienmitgliedern. Der betroffene Arbeitnehmer hatten einen abwesenden Mitarbeiter des Arbeitgebers, der nicht Mitglied der Chat-Gruppe gewesen ist, beschimpft und benutzte dabei eine Vielzahl von Worten aus der Fäkalsprache. Der Arbeitgeber erhielt Kenntnis von den Erklärungen des Mitarbeiters in der Chat-Gruppe. Der Arbeitgeber sprach deshalb eine fristlose Kündigung aus. Wie ist zu entscheiden?
Das Bundearbeitsgericht (BAG) betrachtete die fristlose Kündigung als wirksam. Beleidigungen stellten einen wichtigen Grund dar. Entscheidende Frage ist, ob Äußerungen in einem privaten Chat Grundlage für eine Kündigung sein können.
Es gilt: Was der Arbeitnehmer privat zuhause oder mit seinen Freunden veranstaltet, geht den Arbeitgeber nichts an. Insofern könnte man argumentieren, dass die Kündigung unwirksam gewesen ist. Für das BAG ist aber entscheidend, ob der Arbeitnehmer von einer berechtigten Vertraulichkeitserwartung ausgehen konnte, die innerhalb der beleidigungsfreien Zone herrscht. Dazu führt das Gericht aus: Nur wenn alle Beteiligten in der Chat-Gruppe Familienangehörige sind, wirkt sich die private Beleidigung nicht auf das Arbeitsverhältnis aus. Es reicht aber aus, dass zwei Mitarbeiter des Arbeitgebers an dem Chat teilgenommen haben. Der gekündigte Arbeitnehmer musste daher davon ausgehen, dass diese Mitarbeiter seine Erklärungen an den Arbeitgeber weitergeben. Daher strahlt eine solche eigentlich private Veranstaltung
in den unternehmerischen Bereich. Der Arbeitgeber war berechtigt, eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung auszusprechen.
- Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 13.12.2023 (5a ZR 130/23)
Der Arbeitnehmer meldet sich einen Tag vor Ausspruch der Kündigung arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit war zunächst durch ein ärztliches Attest bis zum 5. Tag nach Ausspruch der Kündigung ausgestellt. Die Kündigungsfrist belief sich auf drei Monate. Am 6. Tag legte der Arbeitnehmer im Abstand von zwei Wochen regelmäßig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eines Arztes vor. Die Arbeitsunfähigkeit endete genau an dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden hat. Einen Tag später ist der Arbeitnehmer bei einer anderen Stelle im Einsatz gewesen.
Wie ist die Rechtslage?
Es gilt folgendes: Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfüllt sind. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Dauer für ein und dieselbe Erkrankung beträgt sechs Wochen. Der Arbeitnehmer muss während der Erkrankung seine Arbeitsleistung nicht erbringen können, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.
Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Fortzahlung des Entgeltes im Krankheitsfall.
Eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist für den Arbeitnehmer das wichtigste Beweismittel. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) reicht eine solche Bescheinigung für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit infolge einer Erkrankung. Der Arbeitgeber kann daraufhin nicht die Entgeltfortzahlung verweigern.
Aber wann ist der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert? Nach Auffassung des BAG reicht es nicht aus, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in irgendeiner Weise zeitlich nahe der Kündigung liegt. In dem entschiedenen Fall hat das BAG die Auffassung vertreten, der Beweiswert des „gelben Zettels“ oder Meldung bei der Krankenkasse sei nicht erschüttert gewesen, weil der Arbeitnehmer erst einen Tag vor Ausspruch der Kündigung seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat. Anders sieht es jedoch das Gericht, wenn nachträglich eine Erkrankung angezeigt wird, die mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet.
Das BAG sieht ernsthafte Zweifel an einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt begründet, wenn der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt, zu dem feststeht, dass das Arbeitsverhältnis enden soll, arbeitsunfähig wird und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist es so bleibt. Eine passgenaue Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist erschüttere den Beweis der Arbeitsunfähigkeit durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Es ist dann Sache des Arbeitnehmers genau darzulegen, dass er aufgrund der ärztlichen Diagnose durchgehend bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig gewesen ist. Der Arbeitnehmer muss nachweisen, wie und auf welche Weise der Arzt seine Diagnose erstellt hat. Der Arbeitgeber kann verlangen, dass der Arzt vor Gericht erscheinen muss, um darzulegen, warum und auf welche Weise er festgestellt hat, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist.
Das Urteil ist arbeitgeberfreundlich. Es ist aber in Ordnung, weil es dem Missbrauch der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorbeugt.
II.
Insolvenzrecht
Insolvenzen in der Bundesrepublik Deutschland
Die Insolvenzen in der Bundesrepublik Deutschland sind dieses Jahr um 22 % gestiegen. Der Fall der Signa Gesellschaften von René Benko sticht spektakulär heraus. Die Hamburger/innen können sein Debakel am Elbtower „bewundern“.
Das deutsche Insolvenzrecht ist sehr streng. Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft ist unverzüglich (Zahlungsunfähigkeit) und/oder innerhalb von drei Wochen (Überschuldung) ein Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht zu stellen. Wird nicht rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt, erwarten den Geschäftsführer zivilrechtliche Ansprüche und strafrechtliche Konsequenzen. Der Geschäftsführer kann bei Großinsolvenzen in Höhe von mehreren Millionen Euro in Anspruch genommen werden.
Die Frage ist stets, wie die Arbeitnehmer darauf reagieren sollen. Ein Insolvenzantrag eines Unternehmens hat zunächst keine Wirkung auf das Arbeitsverhältnis. Der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. das Unternehmen können nicht mit der Begründung ein Arbeitsverhältnis beenden, indem sie auf den Insolvenzantrag abstellen. In der Regel bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen.
Die Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Dies wird vorfinanziert und erlaubt es in der Regel, dem Unternehmen mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zumindest für drei Monate die Löhne zu zahlen. Dann aber kommt mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahren die „Stunde der Entscheidung“.
Gelingt es dem Insolvenzverwalter Teile des Unternehmens oder das ganze Unternehmen an einen Dritten zu veräußern, bleiben die Arbeitsverhältnisse bestehen. Dies gilt aufgrund der Vorschrift des § 613a BGB. Wird nur ein Teil verkauft oder der Betrieb des Unternehmens stillgelegt, so kann der Insolvenzverwalter aus betriebsbedingten Gründen mit verkürzten Kündigungsfristen bis zu drei Monate das Arbeitsverhältnis beenden.
Aber auch solche Kündigungen können von dem Arbeitnehmer angegriffen werden, insbesondere wenn der Insolvenzverwalter formale Fehler macht. Wer längere Kündigungsfristen hat, kann im Übrigen Schadensersatzansprüche geltend machen, allerdings nur als einfache Insolvenzforderung. Häufig sind die Quoten für einfache Insolvenzforderungen im einstelligen Bereich.
Für die Zeit ab Insolvenzeröffnung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekommen aber die Arbeitnehmer Lohn und Gehalt. Zahlungen muss der Insolvenzverwalter allerdings nur dann leisten, wenn auch ausreichend Masse vorhanden ist.
Es wird erwartet, dass im Jahr 2024 die Insolvenzen weiter steigen. Es sind immer mehr Arbeitsplätze dadurch bedroht. Wenn Ihr Arbeitgeber in eine solche Situation kommt, sind wir gerne bereit, Sie in Ihren Rechten zu unterstützen. Melden Sie sich gerne bei uns.
Wir verfügen über langjährige Erfahrung mit der Behandlung von insolvenzrechtlichen Fällen. Gern sind wir bereit, Sie in der Situation zu beraten. Wir haben schon eine Vielzahl von Arbeitnehmern und Unternehmen bei Insolvenzen ihrer Unternehmen bzw. ihres Arbeitgebers unterstützt. Herr Rechtsanwalt Dr. Peter Mook verfügt über Erfahrungen als Insolvenzverwalter. Zudem können sich im Zusammenhang mit Insolvenzen mietrechtliche Fragen sowohl auf Vermieter als auch auf Mieterseite ergeben. Hier unterstützen wir Sie gerne.
III.
Mietrecht
Rückgabe der Mietsache, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet ist, sogenannte Schlüsselfalle:
Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 01.09.2023; 30 U 195/22 (LG Siegen; 1 O 369/21) wie folgt entschieden:
Erhält der Vermieter den Besitz an dem Mietobjekt durch den Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten zurück und behält der Vermieter diesen Schlüssel dann, beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist.
Hintergrund:
Die Parteien waren als Mieter und Vermieter durch ein Gewerberaummietverhältnis miteinander verbunden. Die Mieterin erklärte mit Schreiben vom 10.03.2020 die Kündigung des Mietverhältnisses „zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020“, woraufhin der Vermieter mit nachfolgendem Schreiben darauf verwies, dass das Mietverhältnis aufgrund der vereinbarten Kündigungsfrist erst zum 30.04.2021 ende. Daraufhin nutzte die Mieterin die Gewerbefläche noch bis zum 31.12.2020 weiter und warf am letzten Tag die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Den Einwurf wies der Vermieter mit Schreiben vom 07.01.2021 zurück. Unter Androhung der Selbstvornahme forderte der Vermieter den Mieter am 09.06.2021 auf, genauer benannte Mängel und Schäden an der Mietsache bis spätestens zum 19.06.2021 zu beseitigen. Nach erfolglosem Fristablauf verlangte der Vermieter die Zahlung von Schadensersatz wegen der geltend gemachten Mängel und beantragt einen Mahnbescheid im August 2021. Die Mieterin beruft sich auf Verjährung.
Entscheidung:
Hinsichtlich der Mängelbeseitigung bejaht der Senat ein Leistungsverweigerungsrecht des Mieters nach § 214 BGB aufgrund der erhobenen Verjährungseinrede. Vorliegend, so das OLG, sei die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbar. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt dann, wenn der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Für den Zeitpunkt der Rückgabe sei es unerheblich, wann das Mietverhältnis tatsächlich ende. So setzte die Rückgabe grundsätzlich die unmittelbare Sachherrschaft des Vermieters und eine Besitzveränderung zu dessen Gunsten voraus. Entscheidendes Kriterium sei, dass der Vermieter die Mietsache ungestört untersuchen kann und der Mieter mit Kenntnis des Vermieters den Besitz vollständig und unzweifelhaft aufgibt. Nicht relevant sei dabei, dass der Vermieter zur Rücknahme der Mietsache nicht bereit war. Der Senat verweist und beruft sich in seinem Urteil zwar auf die Rechtsprechung des BGH, wonach der Vermieter eine Mietsache nicht auf Zuruf zurücknehmen müsse und den Besitz am selbigen jedenfalls nicht durch Einwurf der Schlüssel im Briefkasten des Mietobjekts erlange. Jedoch liege der Fall hier anders, da der Mieter den Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters eingeworfen und der Vermieter die Schlüssel trotz Widerspruchs auch behalten habe. Somit sei die Verjährung spätestens am 08.01.2021 in Lauf gesetzt worden, weil der Vermieter den Schlüssel am 07.01.2021 in seinem Briefkasten vorgefunden und damit Kenntnis von der Besitzaufgabe des Mieters erlangt hatte.
Fazit:
In dem Augenblick, in dem der Vermieter das Mietobjekt zurückerhält und er Kenntnis von der Rückgabe hat – dies kann bereits die Schlüsselrückgabe des Mieters vor Beendigung des Mietvertrages sein -, beginnt die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB zu laufen. Insbesondere dann, wenn der Vermieter den Schlüssel behält. Diesen Zeitpunkt sollten Vermieter beachten und innerhalb der Verjährungsfrist, also stets zeitnah die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Verjährung zu unterbrechen.
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