Liebe Mandantinnen, liebe Mandanten,
liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
wir hoffen, dass Sie ruhig in das neue Jahr 2021 gekommen sind. Auch wenn die Zeiten schwierig sind, so wollen wir hoffen, dass die Pandemie alsbald ein Ende nimmt. Wir wünschen Ihnen für das Jahr 2021 Erfolg, alles Gute und vor allem Gesundheit.
Die Corona-Zeiten zwingen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich umstellen. Zu den im Arbeitsrecht bestehenden Fragen nehmen wir nachstehend Stellung. Wir hoffen, dass Ihnen der beigefügte Vorschlagskatalog weiterhilft.
Im Immobilienrecht haben wir auch auf die schwierige Situation im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter in Corona-Zeiten Bezug genommen.
I. Arbeitsrecht
1. Vorschläge zu Ergänzungen der Arbeitsverträge in Coronazeiten
Durch die veränderte wirtschaftliche Lage und vor allem wegen der Corona-Pandemie sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor neue Herausforderungen gestellt, bei denen sie bei ihren Arbeits-/Dienstverträgen auf die veränderten Umstände zu reagieren haben. Im Fokus stehen insbesondere Kurzarbeit, Homeoffice, die Probezeit und die Probezeitverlängerung.
- Kurzarbeit
Kurzarbeit kann der Arbeitgeber nicht ohne weiteres anordnen. Sofern keine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat besteht, ist der Arbeitgeber gehalten, jeweils die Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers einzuholen. Lehnt der Arbeitnehmer es ab, in Kurzarbeit zu gehen, hat der Arbeitgeber nicht mehr viele Möglichkeiten. Der Arbeitgeber kann zwar versuchen, juristisches Neuland zu betreten, um eine fristlose Änderungskündigung auszusprechen, damit wird aber viel „Porzellan zerschlagen“. Um hier eine faire Lösung zu finden, ist es angezeigt, schon in den Arbeitsverträgen eine Regelung zu treffen. In diesem Fall ist es möglich, mit Hinweis auf den Arbeitsvertrag Kurzarbeit durchzusetzen. Wir schlagen vor, folgende Regelung zu treffen:
1.
Der Arbeitgeber ist berechtigt Kurzarbeit anzuordnen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt ist oder wird. Die Kurzarbeit kann dabei für die Dauer von bis zu ______ Monaten im Kalenderjahr angeordnet werden. Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Mitarbeiter bei der Einführung von Kurzarbeit eine Ankündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
2. Einzelheiten
Im Falle der Einführung der Kurzarbeit ist der Mitarbeiter während der Kurzarbeiterzeit mit der vorübergehenden Verringerung seiner geregelten individuellen Arbeitszeit von bis zu ____ % und zeitlich auf einen Zeitraum von _____ Monaten nach dem Beginn der Kurzarbeit sowie der entsprechenden Reduzierung seiner Vergütung einverstanden, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld zu erfüllen sind (§ 95 ff. SGB III).
3.
Sollte Kurzarbeit über den Zeitraum von Abs. 1 hinaus angeordnet oder verlängert werden, muss die Arbeitszeit um mehr als ____ % gesenkt werden, verpflichten sich die Parteien, eine gesonderte Vereinbarung über die Höhe und Dauer der Kurzarbeit zu schließen.
- Homeoffice
Wie Sie sicherlich der Tagespresse entnommen haben, ist bei dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer am 19.01.2021 im Grundsatz eine Regelung über das Homeoffice getroffen worden. Die Regelungen müssen durch Rechtsverordnungen in den einzelnen Ländern umgesetzt werden. Die Vereinbarung der Ministerpräsidentenkonferenz sieht allerdings nicht einen durchsetzbaren Anspruch auf das Homeoffice vor, sondern der Arbeitgeber muss Präsenzarbeit im Büro begründen. Die Regelung ist bis zum 15.03.2021 befristet.
Wie es dann weiter geht ist ungewiss. Bisher unterlag die Einführung des Homeoffice dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, konnte also nicht ohne seine Zustimmung eingeführt werden. Sinnvoll ist es allerdings, nicht einen Rechtsstreit über das Homeoffice zu führen, sondern eine vertragliche Regelung zu finden. Es bietet sich daher an, die Möglichkeit von Homeoffice in den Arbeitsverträgen zu regeln. Der Arbeitgeber sollte sich dabei allerdings ein Rückversetzungsrecht vorbehalten können.
Für einen Interessenausgleich empfehlen wir folgende Regelung:
1.
Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer nach billigem Ermessen dauerhaft oder vorübergehend eine andere zumutbare und gleichwertige Tätigkeit zu übertragen und/oder den Arbeitnehmer an einen anderen Ort zu versetzen. Dies schließt die Möglichkeit ein, die Zahlen der wöchentlichen Arbeitstage im Homeoffice zu reduzieren.
2.
Bei der dauerhaften Zuweisung des betrieblichen Arbeitsplatzes oder dauerhaften Verringerung der Homeoffice-Arbeitstage wird der Arbeitgeber eine Ankündigungsfrist von zwei Wochen einhalten, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund, der die unveränderte Fortsetzung der Homeoffice-Tätigkeit bis zur Ablauffrist unzumutbar macht. In diesem Fall kann die dauerhafte Versetzung an einem außerhalb des Homeoffice gelegenen Arbeitsplatzes ohne Ankündigungsfrist erfolgen.
3.
Der Arbeitnehmer hat während der Arbeit in der häuslichen Arbeitsstätte und während der mobilen Arbeitszeit die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden und für die zwei Arbeitstagen geltende elfstündige Mindestruhepause, die tägliche Mindestpausenzeit gem. § 4 Arbeitszeitgesetz und die Aufzeichnungspflichten gem. § 16 Abs. 2a Arbeitszeitgesetz. Ebenso gilt das Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen gem. § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz. Im Zweifel hat der Arbeitnehmer Rücksprache mit dem Arbeitgeber zu halten.
- Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung (BAG NZA 2020, Seite 1113) die Pflichten der Arbeitnehmer nach einer Kündigung erhöht. Bisher hat das Prinzip des Annahmeverzuges in der Regel dazu geführt, dass der Arbeitgeber im Falle der Niederlage im Kündigungsschutzprozess über Monate -manchmal über Jahre- das Gehalt nachzuzahlen hat. Denn es gilt: Nimmt der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeit im laufenden Arbeitsverhältnis nicht an, muss er sie trotzdem vergüten. Stellt das Arbeitsgericht später fest, dass die Kündigung unwirksam ist, besteht das Arbeitsverhältnis fort.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner Entscheidung mit den Vorschriften der § 615 S. 2 BGB und § 11 KSchG auseinandersetzt. Nach § 615 S. 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzuges das anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart hat oder -und dies ist viel wichtiger- durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. § 11 KSchG formuliert, dass sich der Arbeitnehmer das anrechnen lassen muss, was er verdient hätte können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner zitierten Entscheidung, die eine Trendwende darstellt, mit dem zentralen Begriff der zumutbaren Arbeit auseinander gesetzt. Das Gericht führt aus, eine anderweitige Arbeit sei zumutbar, wenn ihr Gesamtbild unter Berücksichtigung der Kriterien Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung in etwa mit der bisherigen Tätigkeit übereinstimmt und nicht mit wesentlichen Nachteilen einhergeht. Daher seien negative Abweichungen bei den einzelnen Kriterien und insbesondere bei der Vergütung grundsätzlich unschädlich, solange sie noch irgendwie hinnehmbar sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat aber offengelassen, wann genau es für den Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar ist, ein geringeres Entgelt hinzunehmen. Denkbar wäre hier nach dem Sozialrecht von einer Grenze von 20 % auszugehen.
Neu und wichtig ist allerdings, dass der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmer hinsichtlich der von der Arbeitsagentur enthaltenen Arbeitsangebote Auskunft verlangen kann. Der Arbeitnehmer hat die von der Arbeitsagentur erhaltenen Arbeitsangebote unter Angabe der Kriterien Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung offen zu legen.
Bisher gab es in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte die Auffassung, der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, während des Kündigungsschutzprozesses von sich aus Aktivitäten zu entfalten, um neue Arbeit zu finden. Diese Auffassung dürfte nach der jüngsten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aber nicht mehr aufrecht zu halten sein.
Nach § 2 Abs. 5 SGB III ist der Arbeitnehmer gegenüber der Agentur für Arbeit zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten, sodass er eigenverantwortlich nach einer Beschäftigung zu suchen hat. Das Bundesarbeitsgericht bezieht diese ausschließliche sozialrechtliche Handlungspflicht des Arbeitnehmers gegenüber der Bundesarbeitsagentur auch auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer von sich aus gehalten ist, während des Prozesses die Initiative für einen neuen Arbeitsplatz zu ergreifen. Der Arbeitnehmer muss sogar einen durch den Arbeitgeber vermittelten Arbeitsplatz annehmen.
- Arbeitsgericht Stuttgart
Das Arbeitsgericht Stuttgart hat sich erst kürzlich am 20.10.2020 (Az. 11 Ca 250/20) mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer eine fristlose Änderungskündigung aussprechen kann, wenn dieser sich weigert, der Kurzarbeit zuzustimmen. Eine Mitarbeiterin bei einem Zeitarbeitsunternehmen hatte sich geweigert, die für die Einführung der Kurzarbeit erforderliche Zustimmung zu erteilen. Das Arbeitsgericht Stuttgart ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Falle genehmigter Kurzarbeit durch die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitnehmer pflichtwidrig handelt, wenn er Kurzarbeit ablehne. Deshalb sei eine fristlose Änderungskündigung sozial gerechtfertigt i. S. d. § 1 KSchG. Das Gericht stellt auch dabei darauf ab, dass es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, die -ggf. bis zu sieben Monate- Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung einzuhalten, wenn durch einen Auftragsrückgang zeitlich befristet Kurzarbeit eingeführt wird.
II. Immobilienrecht
- Corona-Pandemie und Auswirkungen auf Gewerbemiet- und Pachtverträge
Ende des Jahres 2020 ist der Gesetzgeber im Rahmen der Corona-Pandemie erneut aktiv geworden und hat eine Vermutung einer pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen sowie eine prozessuale Beschleunigung von Verfahren über pandemiebedingte Miet- und Pachtanpassungen beschlossen. Letztendlich stellt dies die Umsetzung der Beschlüsse dar, über die die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten am 13.12.2020 beraten haben.
Voraussetzung der neuen Vermutungswirkung ist, dass der Miet- oder Pachtgegenstand infolge staatlicher Maßnahmen nicht oder nur erheblich eingeschränkt verwendbar ist. Diesbezüglich wird es auf den jeweiligen Einzelfall ankommen. Unberührt bleiben die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 313 BGB, u.a. die Unzumutbarkeit am unveränderten Vertrag festzuhalten, sodass es u.a. auch darauf ankommen wird, welche staatlichen Hilfen Mieter bereits bekommen haben und zu welchem Zeitpunkt der Mietvertragsabschluss erfolgt ist. Hier bleiben Mieter weiterhin in der Darlegungslast.
Fazit:
Grundsätzlich wird die neue Regelung die Position von Mietern stärken, sie appelliert nach der Begründung des Gesetzgebers an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien. Scheitern diese, soll durch eine verfahrensrechtliche Regelung eine Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren erreicht werden. Es bleibt abzuwarten, ob durch die erneute Tätigkeit des Gesetzgebers Rechtsklarheit geschaffen werden wird. Bereits zum ersten Lockdown gibt es zahlreiche erste landgerichtliche Urteile zu der Frage, ob Mieter ihre Miete zahlen mussten oder wegen Mietmängel oder Störung der Geschäftsgrundlage eben nicht oder nur teilweise.
- Vermieter und Schönheitsreparaturen
Auch 2020 hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich erneut zum nicht enden wollenden Thema „Schönheitsreparaturen im Wohnraummietrecht“ geäußert. Der BGH hat mit Urteilen vom 08.07.2020 (VII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18) entschieden, dass langjährige Mieter, die ihre Wohnung im unrenovierten Zustand bezogen haben und der unrenovierte Zustand der Wohnung im Vergleich zum Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter sich wesentlich verschlechtert hat, ihren Vermieter zum Renovieren verpflichten können. Der Mieter muss sich aber regelmäßig zur Hälfte an den Kosten beteiligen und der Vermieter ist berechtigt, einen Vorschuss zu verlangen. Das Urteil wird unter anderem mit Treu und Glauben, § 242 BGB, begründet.
Fazit:
Die Entscheidungen bieten weiterhin Streitpotenzial zwischen den Mietvertragsparteien, da nicht abschließend geklärt ist, was unter einer wesentlichen Verschlechterung zu verstehen ist. Es bleibt darüber hinaus abzuwarten, ob die Rechtsprechung diese Argumentation auch auf Gewerbemietverträge übertragen wird oder im Gewerbemietrecht vertragliche Vorkehrungen bei Mietvertragsabschluss getroffen werden können.
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